Nachruf auf Prof. Dr. Jeffrey B. Berlin

Die „Internationale Stefan Zweig Gesellschaft“ (ISZG) trauert um ihr verehrtes Mitglied, Herrn Dr. Jeffrey B. Berlin, Professor Emeritus of Comparative Literature, der am 24. Juni 2021 im 76. Lebensjahr in Langhorne (PA) bei Philadelphia, USA, verstorben ist.

Prof. Berlin lehrte an verschiedenen US-amerikanischen Hochschulen. Vor seiner Emeritierung war er Professor für vergleichende Literaturwissenschaft und Dekan in Philadelphia. Berlins Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte waren die deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts und speziell die Literatur des Wiener „Fin de siècle“. Neben literaturwissenschaftlichen Büchern legte er zahlreiche Briefeditionen vor und beschäftigte sich in vielen Aufsätzen mit Autoren wie Hermann Broch, Albert Einstein, Lion Feuchtwanger, Theodor Herzl, Hermann Hesse, Thomas Mann, Arthur Schnitzler, Franz Werfel, Carl Zuckmayer und Stefan Zweig.

Gemeinsam mit Knut Beck und anderen gab er die große „Stefan Zweig-Briefedition“ (4 Bände, 1995-2005) des S. Fischer Verlages heraus, die ihm internationales Ansehen einbrachte. Berlin war von 1976 bis 1999 Mitglied des Redaktionsteams der Zeitschrift „Modern Austrian Literature“. In literarischen Institutionen und Gesellschaften übernahm Jeffrey B. Berlin wichtige Funktionen, etwa als Vorsitzender des Forschungsausschusses der „Casa Stefan Zweig“ in Petrópolis, Brasilien, oder als Mitglied des „Wissenschaftlichen Beirats“ der ISZG.

Prof. Berlin nahm 1992 am „1. Internationalen Stefan-Zweig-Kongress“ auf Schloss Leopoldskron teil. Dies war zwar unsere einzige persönliche Begegnung, aber in den Folgejahren hielten wir kontinuierlich per E-Mail Kontakt. Als die ISZG 1998 in Salzburg gegründet wurde, war er eines der ersten Mitglieder. Unsere Bitte, sich für den „Wissenschaftlichen Beirat“ zur Verfügung zu stellen, erfüllte er in großzügiger Weise.

Ich wusste von Jeffrey Berlins schwerer Erkrankung, der er – gleichsam zum Trotz – seine wissenschaftliche Arbeit unermüdlich entgegensetzte. Im November 2020 schickte er mir seine 51 Seiten starke Studie „Thomas Mann in Amerika: Zu den unveröffentlichten Briefen an [den New Yorker Verleger, Anm. H. Holl] Alfred A. Knopf. 5. Januar 1938 – 22. Dezember 1938“, die ihn mit dem sehr umfangreichen Kommentar viel Kraft gekostet hatte oder wie er schrieb, widmete er ihr „just about every ounce of energy and strength which I had“.

Im Dezember 2020 schrieb ich zuletzt nach Langhorne, gratulierte zu dieser grandiosen Studie und brachte meine Hoffnung zum Ausdruck, Jeffrey Berlin würde sich nach dieser großen Anstrengung erholen und frische Kräfte sammeln. Wie wir jetzt schmerzhaft erkennen müssen, war das leider nicht mehr der Fall. So ist Jeffrey B. Berlins Edition der unveröffentlichten Briefe Thomas Manns an Alfred A. Knopf, die im Sommer 2021 im Thomas Mann Jahrbuch erscheinen soll, sein Vermächtnis. Ein Vermächtnis, das sich an zahlreiche wichtige Briefeditionen und Bücher anschließt und ihn als Wissenschaftler und Gelehrten in unserer Erinnerung verankert.

Die „Internationale Stefan Zweig Gesellschaft“ spricht seiner Familie ihre innige Anteilnahme aus und wird sein Andenken stets in Ehren halten.

Hildemar Holl, Salzburg

2 Kommentare


  1. Eben habe ich vom Tod von Jeffrey Berlin erfahren und bin bestürzt. Als Großnichte von Felix Braun hatte ich vor vielen Jahren telefonischen und schriftlichen Kontakt mit Jeffrey Berlin und wir haben uns auch bei einem Stefan Zweig-Kongreß in Salzburg getroffen. Ich möchte hier mein herzliches Beileid aussprechen und wünsche den Angehörigen viel Kraft!
    Mit den besten Grüßen
    Tatjana M. Popovic, Berlin

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    1. ANNE BERLIN

      Thank you very much for your kind words. Jeffrey appreciated your friendship and correspondence with him, as do I and our children..
      Sincerely,
      Anne Berlin

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