Die „jüngste“ Wortmeldung

zum Treffen der Internationalen Stefan Zweig Gesellschaft vom 13.-15.09.2013 in Weimar

von Anne Sophie Schenke

Seit dem letzten Wochenende bin ich tatsächlich Mitglied der „Internationalen Stefan Zweig Gesellschaft“. Ich heiße Anne Sophie Schenke und mache gerade mein Abitur am Gymnasium Hermannswerder in Potsdam. Der Präsident der Gesellschaft, Herr Hildemar Holl, hat mich gebeten, meinen persönlichen Eindruck von der diesjährigen Tagung in Weimar zu schildern. Eine Aufgabe, die ich sehr gern übernommen habe.

Gleich am Freitagabend hielt Dr. Thomas Bodmer aus Salzburg einen Vortrag über das Leben seines Großvaters Martin und seines Großonkels Hans Conrad Bodmer. Beide waren bekannte Schweizer Buch-und Autographensammler. Während mir anfangs die Sammelleidenschaft auch Stefan Zweigs eher unverständlich war, verstehe ich inzwischen besser, wie man sich nicht nur durch die literarischen Werke selbst, sondern auch durch die Beschäftigung mit Autographen bzw. persönlichen Dingen einen vertiefenden Zugang schaffen kann.

Obwohl ich in der Regel den Samstagmorgenschlaf sehr genieße, stand ich diesmal schon um 10 Uhr morgens erwartungsvoll vor der Eckermann Buchhandlung. Dort hörten wir zu Beginn von Dr. h.c. Wulf Kirsten (Weimar) Bestürzendes über verfolgte österreichische Schriftsteller im KZ Buchenwald, wobei die von ihm geschilderten Augenzeugenberichte besonders bewegend waren.
Die folgende Lesung von Malte Godglück (Darmstadt) mit gut ausgewählten Tagebucheinträgen Stefan Zweigs fand ich sehr berührend. Ich denke, wir alle genossen nicht nur den Inhalt, sondern auch die eindringliche Vortragsweise. Anschließend besuchten wir die berühmte Anna-Amalia Bibliothek, welche nach dem verheerenden Brand liebevoll restauriert wurde. Glücklicherweise fand wenigstens ein Teil der historischen Bücher hier wieder ihren alten Platz. Nach so viel Kultur freute ich mich ebenso über die schöne herbstliche Weimarer Altstadt.

Am Abend erlebten wir eine spannende Gesprächsrunde unter der Moderation Malte Godglücks. Mitglieder der Stefan Zweig Gesellschaft stellten beeindruckende Ergebnisse ihrer neuen Recherchen vor, die das Leben des Schriftstellers noch heller beleuchten. Mir persönlich gefielen die Ausführungen Oliver Matuscheks (Hannover) über sein neu erschienenes Buch „Ich wünschte, dass ich Ihnen ein wenig fehlte“ sehr, ein Buch, das ich immer wieder gern zur Hand nehme. Rainer Joachim Siegel (Leipzig) sprach über den von ihm herausgegebenen Briefwechsel zwischen Joseph Roth und Stefan Zweig, in dem die außergewöhnlich tiefe Freundschaft zweier jüdischer Schriftsteller insbesondere im Exil dokumentiert ist. Frau Michèle Schilling (Uerikon/Schweiz) präsentierte ihren „Lebenskalender“ (Chronologie) zu Stefan Zweig, Herr Frank Geuenich (Aachen) stellte seinen Autoren-, Künstler- und Werkindex zu Zweig vor; beide Projekte sind wichtige Hilfsmittel für die Forschung.

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Lyriklesung vor Goethes Gartenhaus Hildemar Holl, Sofie Gross und ein kleiner Teil der Zuhörer Photo: Jens Wiemer

Der letzte Tag begann trotz einiger dunkler Wolken mit einer Lesung der jungen Schauspielerin  Sofie Gross (Salzburg) direkt vor Goethes Gartenhaus. Sie trug in beeindruckender Weise ausgewählte Goethe-Gedichte vor, die Stefan Zweig für ein Heft der Reclams-Universalbibliothek zusammengestellt und mit einem Vorwort versehen hatte. Das Reclam-Heft ist bis heute im Buchhandel erhältlich.

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Goethes Gartenhaus, Südansicht

Nach der Lyriklesung machten wir uns auf den Weg ins Nietzsche Archiv, in die Villa „Silberblick“, wo Nietzsches Schwester ihren berühmten Bruder von 1897 bis zu seinem Tod am 25.8.1900 gepflegt hat. Der berühmte belgische Architekt und Designer Henry van de Velde gestaltete die Villa 1902/1903 um und nahm die Neueinrichtung der Erdgeschoßräume im Jugendstil vor. Das anschließende Essen im Weimarer Felsenkeller war für mich ein schöner Abschluss.

War ich früher noch im „Schlepptau“ meines Vaters, der uns Kinder immer für das Werk Stefan Zweigs begeistern wollte (nicht zufällig heißt einer meiner Brüder Stefan), dabei aber anfangs nicht recht auf unser Interesse stieß, so hat sich dies für mich inzwischen geändert. Momentan liegen auf meinem Nachttisch fast ausschließlich Bücher Stefan Zweigs. Zudem schreibe ich zur Zeit einen Leistungsnachweis  über seine  Novelle „Brief einer Unbekannten“.

Ich möchte mich für dieses wunderbare Wochenende herzlich bedanken und freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen in einem Jahr in Zürich.