Nachruf auf Dirk Jansen (1945-2024)

Mit dem Tod Dirk Jansens, Gründer und langjähriger Vorsitzender der „Stefan Zweig Genootschap Nederland“ und Mitglied unserer Gesellschaft, verliert die internationale Stefan Zweig Community eine profilierte Persönlichkeit und einen langjährigen, aufgeschlossenen und liebenswerten Freund.

Dirk Jansen wurde am 16. August 1945 in Amsterdam geboren, er verstarb am 12. Mai 2024 in seinem langjährigen Wohnort Doorn in der Nähe von Utrecht.

Im Jahr 2007 gründete Dirk Jansen die Niederländische-Stefan-Zweig Gesellschaft, in der er bis zum Jahr 2020 die Funktion des Vorsitzenden innehatte. Um das Jahr 2008 suchte er Kontakt zu unserer Gesellschaft, aus dem sich bald zahlreiche Freundschaften und Kooperationen entwickelten. Als er im Jahr 2020 den Vorsitz der Niederländischen Gesellschaft niederlegte, glückte es ihm, in Thomas Huttinga einen jungen und ambitionierten Nachfolger zu finden, den er bis zuletzt mit Rat und Tat unterstützte. Bereits im Herbst 2008 holte er die Salzburger Wander-Ausstellung „Stefan Zweig – Ein Österreicher aus Europa“ in die kurz zuvor gegründete „Openbare Bibliotheek Amsterdam“, die einen speziellen Schwerpunkt auf das Thema „Fanatismus“ gelegt hatte. Es gelang Dirk Jansen, zur Eröffnung der Ausstellung den Amsterdamer Bürgermeister Job Cohen und seinen Salzburger Amtskollegen Heinz Schaden als Redner zu gewinnen.

„Job Cohen hielt eine fesselnde Rede über die Gefahren des Fanatismus“ erinnerte sich Dirk Jansen in einem Zeitungsinterview, „weil er sie offensichtlich mit seinem eigenen jüdischen Hintergrund gut erkannte.“ 

Dirk Jansen wirkte am europäischen „Fanatismus-Projekt“ (2007-2010, Teilnehmer: Niederlande, Österreich, Polen, Portugal) mit, das in Amsterdam entwickelt und im Jahr 2011 mit dem niederländischen Preis für das beste Erwachsenenprojekt des Jahres ausgezeichnet wurde. Die Abschluss-Präsentation war begleitet von einer Tagung mit Konzert, bei dem Musiker der Universität Mozarteum (Salzburg) und der Musikhochschule Amsterdam gemeinsam musiziert haben. Ende September 2011 hielt er in „Wissenschaft und Kunst“ (Salzburg) – im Rahmen der Jahrestagung der ISZG – den Vortrag „Our weak spirit of time offers threats and opportunities“ („Unser schwacher Zeitgeist bietet Bedrohungen und Chancen“) und analysierte generelle Mechanismen des Fanatismus-Phänomens.

Wiederholt veranstaltete er in Kooperation mit der Österreichischen Botschaft in Den Haag in den schönen Repräsentationsräumen der Residenz des Botschafters Vorträge und Lesungen, so z. B. 2016 einen Vortrag mit Konzert oder 2019, einen Vortrag mit Lesung zu „Die Freundschaft zwischen Stefan Zweig und Joseph Roth“.

Dirk Jansen nahm regelmäßig an unseren Jahrestagungen teil, was ihm die Gelegenheit bot, Freundschaften zu schließen, Kontakte zu gewinnen und sich über Literatur und Musik auszutauschen.

Für seine kontinuierliche Arbeit an den Kulturbeziehungen zwischen Österreich und den Niederlanden wurde ihm zu Jahresbeginn 2019 das „Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ verliehen.

Dirk Jansen war gemeinsam mit seiner Frau Henny ein großer Salzburg-Liebhaber, eine Wohnung in Salzburg ermöglichtes es dem musikbegeisterten Ehepaar, mehrmals im Jahr am reichen musikalische Leben in Salzburg teilzunehmen. Seine Interessen waren breit gestreut: Gesellschaftliche, philosophische und politische Fragen fesselten ihn ebenso wie Literatur und Musik. In den späten Lebensjahren wandte er sich der Lyrik zu, u. a. arbeitete er an seiner Autobiographie in Form von vierzig langen Gedichten. Dazu kam die Erkundung geographischer Räume, z. B. von Stadt und Land Salzburg oder seine – auf mehrere Jahre verteilte – sommerliche Fußreise entlang der Donau von der Quelle bis nach Belgrad. Als Marathonläufer hatte er ein spezielles Interesse am Sport.

Dirk Jansen war ein Brückenbauer und Humanist, der Aufklärung und den europäischen Werten verbunden; wir werden ihn sehr vermissen und ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Henny und seiner Familie, denen wir in diesen Stunden der Trauer Trost und Zuversicht wünschen.

Hildemar Holl

 

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